Kaltofen

Kaltofen

Gleiche Symbole benutzt
Ortssiegel von Kaltofen gleicht denen der Nachbarn


Die Mönche des 1162 vom Markgrafen von Meißen, Otto dem Reichen, gestifteten Zisterzienserklosters Marienzelle mußten ihr gesamtes Anwesen von Grund auf neu erbauen. Sie fanden nichts vor, als sie von ihrem Mutterkloster Pforte bei Naumburg an der Saale in den Miriquidi kamen. Gewiß, der Stifter hatte ihnen als ökonomische Grundlage ein ziemlich großes Areal von 800 Hufen Land übergeben, bereits bestückt mit 26 neugegründeten Bauerndörfern zwischen Striegis und Freiberger Mulde, aber ihr Kloster mußten sie sich mit Hilfe von Laienbrüder und Dienstleistungen der ihnen untertanen Dorfgemeinschaften selbst errichten. Das Bauen von steinernen Häusern mit gebranntem Kalk als Bindemittel war dem aus Südfrankreich stammenden Mönchsorden geläufig. Steine gab es hier an den Steilhängen der Flußtäler in Hülle und Fülle, nur Kalk mußte gesucht werden. Das Kloster war zunächst in der Striegisweitung von Borsorbisch „Kiefer, Kieferwald") geplant. Als die Mönche erkannten, daß dieses Gebiet nicht geeignet und zu klein war, wechselten sie an die Freiberger Mulde, an die Mündung des Pitschebachs bei Nossen. Von Bor (heute: Böhrigen) aus waren es nur vier Kilometer striegisaufwärts bis zu den Kalkbrüchen auf Kaltofener Flur. Auch der später etwas weitere Transport nach dem heutigen Altzella, wo das Kloster 1175 bezogen wurde, war mit etwa zehn Kilometern noch günstig. Aus dieser Darlegung läßt sich schlußfolgern, daß der auf der Hochfläche gelegene, spät gerodete kleine Ort mit nur elf Bauernstellen von Anfang an seine Bezeichnung nach dem auf seiner Flur am rechten Talhang der Kleinen Striegis gelegenen Kalkvorkommen und den dort betriebenen Kalköfen erhielt; es war das „Dorf bei den Kalköfen". Schon in einer Zellaer Urkunde von 1297 wird „Kaldovene" genannt, als es dem Kloster übereignet wurde. Es ist dies übrigens die erste Urkunde des bedeutenden Zisterzienserklosters, die in deutscher Sprache abgefaßt wurde; früher dominierten lateinische Texte. Wieso das t statt des k (Kaltofen/Kalkofen) im Sprach- und Schriftgebrauch auftrat, ist nicht bekannt. Das Einnahmeregister des Bischofs Johann von Meißen nennt 1428 den Ort als „Kaldoffin". Bezeichnend ist, daß hier im 16. Jahrhundert (1552) elf „besessene Mann" (Gutsbesitzer, Bauern), drei Häusler und 33 „Inwohner" gezählt wurden; das ist für eine Landgemeinde von nur 100 bis 150 Einwohnern sehr viel, also wohnten hier zur Miete/Untermiete viele Steinbrecher, Kalkofenarbeiter, Fuhrleute, Tagelöhner. Die Kalkbrücke und -öfen wurden von mehreren „Begüterten" betrieben, noch 1840 werden zehn Kalköfen erwähnt. Der im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden, Individualhufenverzeichnis 1764, Amt Nossen, vorhandene Abdruck des Ortssiegels von Kaltofen ist sehr klein und schwer zu deuten. Wie bei Schlegel und Berbersdorf hat das Siegel achteckige Form; da ist sicher kein Zufall, die Ortsrichter trafen sich ab zu und besprachen dabei gewiß auch solche wichtigen Vorhaben wie die Herstellung eines Siegels. Das „D:" am Anfang der Schrift ist die Abkürzung für Dorf/gemein/de; der Ortsname entspricht der heutigen Schreibweise. Das Symbol im Mittelfeld läßt sich am ehesten als aufrechtstehende Getreidehalme mit Ähre deuten, ähnlich wie der Nachbarort Berbersdorf eine Getreidegarbe im Siegel führt. Trotz des Kalkabbaus und der Kalkbrennerei dominierte die Landwirtschaft im Ort, daher wohl das symbolisierte Kornfeld, die Nahrungsgrundlage der Bevölkerung. Diese Deutung erfolgt unter Vorbehalt; aus dem unvollkommenen Siegelabdruck läßt sich kein eindeutiges Gebilde herauslesen.


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