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Mobendorf

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Mobendorfer Siegel gibt Rätsel auf
Ursprüngliche Form des kleinen Abdrucks im Lack wird wohl nie ganz zu klären sein
MOBENDORF (si). Die Deutung der alten Dorfsiegel, die im Individual-Hufenverzeichnis von 1764 enthalten sind, ist mitunter recht schwierig; ohne Lupe kommt man dabei nicht aus.
Deshalb erscheint der Bei trag zum Mobendorfer Siegel erst jetzt, es waren langwierige Untersuchungen erforderlich, um reale Aussagen treffen zu können. Die erforderlichen Dokumente sind zwar im Sächsischen Hauptstaatsarchiv in Dresden einsehbar, aber der Abdruck im Siegellack, 1764 vom Mobendorfer Erbrichter vorgenommen, ist fragmentarisch, verschoben und abgebröckelt. Der Umschrift fehlen drei Buchstaben, und das im Inneren befindliche Symbol ist so unklar, daß es mehrere Deutungsvarianten zulässt. Außerdem handelt es sich um das kleinste Siegel im Bereich des Amtes Nossen, zu dem Mobendorf damals gehörte; nur 14 Millimeter Durchmesser hat der runde Abdruck. Die Buchstaben D: MOBENDORF (D ist die Abkürzung für Dorf/gemein/de) entsprechen der heutigen Schreibweise, wobei die drei Letter BEN nur vermutet werden können. Vorhanden sind sie nicht mehr. Im Mittelfeld steht ein Ornament, da sich der Ortsname nicht für eine Darstellung als „redendes'' Siegel anbot.
Das Wort Mobendorf ist entstanden durch sprachliche Zusammenziehung von „im oberen Dorf"; noch 1428 wird es im Einnahmeverzeichnis des Bischofs Johann von Meißen „Obirndorff" geschrieben; 1442 heißt es „Moberndorf", 1447 „Oberdorff"; schon 1555 tritt dann die heutige Schreibweise auf. Die Bezeichnung als „oberes Dorf" könnte auf eine Verlagerung des ehemals weiter talwärts angelegten waldhufendorfes oder auf seine Situation (weiter oben gelegen) zur benachbarten Kirchgemeinde Pappendorf zurückzuführen sein.
Das symmetrische Symbol lässt sich als doppelter Blüten- oder Knospenstand mit vier seitlichen Blättern am senkrechten Stängel deuten. Die Gemeinde Mobendorf hat ihre metallenen Ortseingangszeichen etwas anders angefertigt; dort hängen oben zwei Eicheln, vier Eichblätter befinden sich darunter. Eine Anfrage beim Sächsischen Hauptstaatsarchiv ergab, daß man in diesem Falle keine einwandfreie Definition des Siegelbildes vornehmen kann, zumal der Abdruck sehr klein und undeutlich ist: „Ob hier Blütenpflanzen, Eichenzweige oder Zweige mit Früchten dargestellt werden sollten, wird sich wohl nie ganz eindeutig feststellen lassen."
Hätte der Erbrichter von Mobendorf gewusst, daß man seinem Siegel heute soviel Beachtung schenkt, wäre er beim Eindrücken in den Siegellack gewiss vorsichtiger gewesen. Sein Anwesen, ein großer Bauernhof mit Brauerei und Schankgerechtigkeit, lag im unteren Teil des Dorfes; noch heute ist die Bezeichnung „Erbgericht" den Bewohnern geläufig.
Das Siegel aus Zinn, Kupfer oder Messing dürfte von einem Siegeistecher (Graveur) in Freiberg oder der Amtsstadt Nossen angefertigt worden sein.
Stützt man sich auf die Gepflogenheiten jener Zeit (um 1764) und vergleicht man das unklare Mobendorfer Ortssiegel mit ähnlichen Motiven aus der bäuerlichen Volkskunst und dem volkstümlichen Kunstschaffen auf den Siegeln von Eulendorf, Lauenhain, Saalbach (b. Waldheim): so könnte man annehmen, daß auch hier eine Blütendarstellung vorliegt. Bei etwa 20 Prozent der sächsischen Dorfsiegel sind solche symmetrischen Blumengebilde, oft zum blühenden Herz erweitert, verwendet worden. Aber auch ein Unikat in Form eines Eichenzweiges mit zwei Früchten kann beim Mobendorfer Siegel nicht ausgeschlossen werden.